Wertetest

Über Wirkung und mögliche unerwünschte Nebenwirkungen von Integrationstests im Aufenthaltsrecht informiert Sie das Netzwerk SprachenRechte:

Warnung: Dieses satirische Video soll dazu anregen, über den Sinn und Unsinn der im Rahmen der Integrationsverordnung vorgeschriebenen sogenannten Wertekurse nachzudenken. In einer diversen, demokratischen Gesellschaft gibt es keine Werte, auf die alle im Detail verpflichtet werden können und die sich in einfachen Formeln zusammenfassen lassen. Und auch die Vorstellung, dass alle Österreicher*innen über die „richtigen“, und alle Zugewanderten über gar keine oder die „falschen“ Werte verfügen, ist falsch. Werte werden im Zusammenleben der Menschen erfahren und können diskutiert, vereinbart und ausgehandelt, aber nicht einfach vorgeschrieben und geprüft werden – erst recht nicht in einer neuen Sprache.

Richtige Anwendung: Welche Formen und Werte unser Zusammenleben bestimmen, das ist von Mensch zu Mensch, von Familie zu Familie durchaus verschieden – in einer pluralistischen Demokratie dürfen Menschen sich verschieden verhalten, verschiedene Werte für wichtig halten, auch wenn es natürlich gesetzliche Bestimmungen für alle und gemeinsame Grundsätze wie die Achtung der Menschenrechte und der Menschenwürde, den gegenseitige Respekt, den Verzicht auf Diskriminierung u.ä. gibt.

Für Zugewanderte ist es wichtig, dass sie erfahren, wie die neue Gesellschaft „funktioniert“, welche Erwartungen auch ihnen gegenüber bestehen, was die Formen des respektvollen Umgangs miteinander, die Anerkennung der Rechte von Frauen oder von Kindern, die Bedeutung des Antirassismus betrifft und welche Grundregeln für ein Zusammenleben wichtig sind. Die Begriffe „Werte“/ „Wertekurse“ sind missverständlich. Vielleicht trifft der in Deutschland übliche Begriff „Orientierungskurse“ die Sache besser: An welche Spielregeln des Zusammenlebens kann man sich halten, damit dieses Zusammenleben gut funktioniert und wie lebt man unter Respektierung der Würde der anderen Menschen zusammen.

Damit man mit solchen „Werten“ vertraut wird und erkennt, was sie im Alltag bedeuten, braucht es zwei Dinge: Zum einen Gespräche, denn die Formen und Normen des Zusammenlebens sind nicht unveränderlich, sie verändern sich und hängen oft auch von der jeweiligen Situation ab. Diese Gespräche sollten also in einer Sprache stattfinden, die den Zugewanderten vertraut ist, in der sie sich differenziert informieren und debattieren können. Und zum zweiten braucht es die Gelegenheit der Teilnahme, denn was Menschenwürde, Gleichberechtigung, Verzicht auf Diskriminierung im Alltag bedeuten, das erlernt man nicht gut im Kurs, sondern das wird einem*einer im Zusammenleben vertraut.

Weitere Informationen:

ÖDaF-Mitteilungen (2018): Lehrer_innenbildung für Deutsch als Zweitsprache: Ausbildung – Fortbildung – Weiterbildung. Vol.34 (1). V&R Unipress. 

TAGUNG Messen – Bewerten – Prüfen im Kontext von Deutsch als Zweitsprache. 18. und 19.2.2022

Dieser Beitrag wurde unter Aktivitäten des Netzwerk-SR & seiner Mitglieder veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.