“Asylwerber werden […] unmittelbar nach ihrer Einreise einvernommen, also zu einem Zeitpunkt, in dem sie sich in der Regel in einem physischen und psychischen Ausnahmezustand befinden.Ferner ist zu berücksichtigen, dass Asylwerber meist die deutsche Sprache nicht verstehen. Sie sind auf eine korrekte Übersetzung angewiesen, die sie aber im Augenblick nicht überprüfen lassen können. Die Ursache für ein neues Vorbringen in der zweiten Instanz kann durchaus sein, dass ein Vorbringen in der ersten Instanz unkorrekt oder unvollständig übersetzt oder protokolliert wurde. Dies ist jedoch aus dem Akteninhalt des erstinstanzlichen Aktes nicht ersichtlich und kann daher in aller Regel nicht als Verfahrensmangel geltend gemacht werden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof wies die oberösterreichische Landesregierung auch auf Fälle hin, in denen Asylwerber eine Sprache sprechen, für die Dolmetscher nicht zur Verfügung stehen, sodass die Verständigung über eine Drittsprache erfolgen muss, die der Asylwerber nur fragmentarisch versteht (Protokoll vom 23. Juni 2004, S 14). So wies der Vertreter der oberösterreichischen Landesregierung auf das Beispiel eines tschetschenischen Asylwerbers hin, der auf Grund des Nichtvorhandenseins eines Dolmetschers, der vom Tschetschenischen ins Deutsche übersetzen könnte, in Gegenwart eines Russisch-Dolmetschers vernommen wurde. Auch in der Literatur wird auf zahlreiche Möglichkeiten von Missverständnissen in der Kommunikation zwischen Asylwerbern und der Behörde hingewiesen (vgl. auch Pöllabauer/Schumacher, Kommunikationsprobleme und Neuerungsverbot im Asylverfahren, migralex 2004, 20).”
VfGH-Erkenntnis vom 15. Oktober 2004 (GZ: G 237, 238/2003;ua)