Österreichliebe

Über Wirkung und mögliche unerwünschte Nebenwirkungen von zu starker Österreichliebe informiert Sie das Netzwerk SprachenRechte:

Warnung: Dieses satirische Video macht den Widerspruch zwischen den Erwartungen der Einwanderungsgesellschaft und dem Alltag, der Zugewanderten in Österreich begegnet, deutlich. Für Migrant*innen und Geflüchtete gibt es zahlreiche Barrieren: Sprach- und Werteprüfungen (wer sie nicht rechtzeitig schafft, muss eine Verwaltungsstrafe zahlen oder erhält keine Aufenthaltsbewilligung), Diskriminierungen und stark eingeschränkte Rechte, sie treffen auf viele Vorurteile – und sollen trotzdem „Österreichliebe“ entwickeln, sich in Kursen „österreichische Werte“ zu eigen machen, die für sie selbst oft nicht gelten.

Richtige Anwendung: Um sich in einem Land zuhause zu fühlen, bedarf es der Möglichkeit, sich als sozial und rechtlich gleichwertig zu erfahren, teilzuhaben an der Gesellschaft, und zwar nicht erst nach Sprachprüfungen und einer Wartezeit von mindestens 10 Jahren auf die Staatsbürgerschaft, sondern mit den Fähigkeiten und Erfahrungen, die man mitbringt, die eigene Familiensprache eingeschlossen. Integration (so lässt sich „Österreichliebe“ vielleicht in den heutigen Diskurs übersetzen) erfordert, dass die Aufnahmegesellschaft eine Bleibeperspektive gibt, Zugang zu Sozialleistungen, zu Wohnraum und Arbeitsmarkt. Es bedarf also einer Willkommens- und Anerkennungskultur (und damit ist auch die Anerkennung von mitgebrachten Qualifikationen gemeint) aufseiten der Aufnahmegesellschaft. Ohne Wertschätzung und Sicherheit ist es schwer für Menschen, die viel hinter sich lassen mussten, offen zu sein für die neue Sprache, die anderen ‚Werte‘ der neuen Gesellschaft. Das heißt, es braucht tatsächlich beides, die Bereitschaft der Aufnahmegesellschaft zur Wertschätzung und Anerkennung und die Öffnung der Zugewanderten für die neue Gesellschaft. Das bedeutet, dass Integration nicht mit Hilfe von Sanktionen und Deutschzwang gelingt, sondern mit Hilfe von Förderung und Anreizen, vor allem aber durch das Angebot der Teilhabe von Anfang an. In der Diskussion gibt es zahlreiche Vorschläge: die Förderung von gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit, so dass Migrant*innen für das Verstehen der Aufnahmegesellschaft jene Sprachen, die sie gut beherrschen, nutzen können, ein zumindest kommunales Wahlrecht ähnlich wie für EU-Bürger*innen, was auch Migrant*innen eine Stimme gibt, Incentives für das Erlernen der deutschen Sprache, etwa eine Verkürzung der Fristen für dauerhaften Aufenthalt und Staatsbürgerschaft, oder auch für in Österreich geborene Kinder und Jugendliche eine doppelte Staatsangehörigkeit als starkes Signal der Zugehörigkeit.

Weitere Informationen:

Frank Gesemann, Iris Nentwig-Gesemann, Alexander Seidel & Bastian Walther (Hrsg): Engagement für Integration und Teilhabe in der Einwanderungsgesellschaft. Springer: Wiesbaden 2020.

TAGUNG Messen – Bewerten – Prüfen im Kontext von Deutsch als Zweitsprache. 18. und 19.2.2022

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