Dokumentation eines beispielhaften Einzelfalles/April 2004
Herr K (82 Jahre) flieht im Frühjahr 1999 zusammen mit seiner Tochter, seinem Schwiegersohn und seinen Enkelkindern vor den kriegerischen Ereignissen in Kosovo-Albanien und wird in Österreich als verfolgter Flüchtling anerkannt. 2003 leiten die Asylbehörden gegen Herrn K wegen der geänderten politischen Situation im Kosovo ein Asylaberkennungsverfahren ein. Eine Rückkehr in den Kosovo ist für Herrn K jedoch unmöglich und auch unzumutbar. Herr K ist gesundheitlich schwer beeinträchtigt (ua drei Herzinfarkte) und auf medizinische Versorgung und die Pflege seiner Familienangehörigen (die inzwischen österreichische StaatsbürgerInnen sind) in Österreich angewiesen. Im Kosovo würde Herr K weder ein familiäres Netz, noch eine Unterkunft, Verpflegung oder medizinische Versorgung vorfinden.
Um eine (angeordnete) Rückkehr in den Kosovo abzuwenden, sucht Herr K um die Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an. Er erfüllt alle dafür notwendigen Voraussetzungen, bis auf – nach Ansicht der Einbürgerungsbehörde – ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache. Ihm wird daher aufgetragen, einen Deutschkurs zu besuchen oder auf anderem Weg seine Deutschkenntnisse zu verbessern. In dieser Situation wenden sich Angehörige von Herrn K an die AG Sprachenrechte.
Wir sind der Auffassung, dass die – sehr einfachen – Deutschkenntnisse von Herrn K in Anbetracht seines hohen Alters und seiner Lebensumstände durchaus den gesetzlichen Vorgaben entsprechen (zu dieser Frage vgl. Deutschkenntnisse bei Einbürgerung ). Zudem ist es für Herrn K nicht nur wegen seines hohen Alters, sondern auch aufgrund seiner medizinisch festgestellten Schwerhörigkeit und Sehschwäche schlichtweg unmöglich, an einem Sprachkurs teilzunehmen. Diese Bedenken werden in zwei eingeholten Gutachten von Univ. Prof. Dr. Hans-Jürgen Krumm und Univ. Prof. Dr. Rudolf de Cillia auch wissenschaftlich untermauert.
Herr K wird zu einem zweiten Termin bei der Einbürgerungsbehörde begleitet und der zuständigen Referentin diese Bedenken mitgeteilt. Nach anfänglichen Widerständen schließt sich die Einbürgerungsbehörde unserer Auffassung an und erteilt Herrn K nach fast einem Jahr und während laufendem Berufungsverfahren gegen seine Asylaberkennung die österreichische Staatsbürgerschaft.